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Bibel & Management

"Man kann nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon."
Diesen Bibelspruch betrachtet Eleonore Reuter im Zusammenhang mit der Lesung am 31. Sonntag im Jahreskreis, die aus Versen des alttestamentarischen Buchs "Sprüche" besteht.

Management von A bis Z in der Bibel

Christliches Leben und Reichtum
Regelmäßig kommt die Haltung von Christen und Christinnen zu Geld und Besitz in den Blickpunkt. Da gibt es auf der einen Seite das Sprichwort, das aus der Bibel stammt, aber heute noch überall bekannt ist: „Man kann nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon.“ Franz von Assisi und viele andere Heilige haben konsequent in Armut gelebt und sind so zu Vorbildern geworden.
Auf der anderen Seite gibt es nicht nur prachtvolle Kirchenbauten, sondern auch Menschen in der Kirche, die sich gerne mit Luxus umgeben und teure Wohnungen, schnelle Autos oder edle Kunst für standesgemäß halten. 
Am 31. Sonntag im Jahreskreis sind ein paar Verse aus dem Sprüchebuch die alttestamentliche Lesung. Es sind Auszüge aus einem Alphabetgedicht (Spr 31,10-31), das heißt der erste Buchstabe ist ein A, die zweite Zeile fängt mit B an und so weiter, bis man bei Z ankommt. Das Ganze ist als ABC des klugen Wirtschaftens gedacht. Um es zu verstehen, muss man es von A bis Z, bzw. von Vers 10 bis Vers 31 lesen.
Management von A bis Z
Im Mittelpunkt steht eine Frau, deren Ethos gleich am Anfang mit „Gutes tun, nicht Böses“ zusammengefasst wird. Darin sehen Propheten im Alten Testament die Voraussetzung Gott zu finden.
Was tut die Frau konkret? Sie kauft Wolle und Flachs, spinnt, stellt Stoffe her und verkauft sie. Vom Einkauf über die Produktion bis zum Verkauf organisiert sie also den gesamten wirtschaftlichen Ablauf. Die dabei erwirtschafteten Überschüsse investiert sie in Felder und Weinberge. Sie hat also fachliche Kompetenz.
Sie selbst arbeitet von morgens bis abends voller Lust und Kraft. Dabei genießt sie ihren Erfolg und hat keine Angst vor der Zukunft.
Für die ganze Hausgemeinschaft, also Familie und Angestellte, besorgt sie Nahrung und Kleidung. Arme und Bedürftige können sich auf ihre Unterstützung verlassen. Ihr Reden ist klug und gleichzeitig liebevoll. Heute würde man wohl von Sozialkompetenz reden.
Die Familienphase hat die starke Frau offenbar schon hinter sich, denn ihre Söhne sind bereits in einem Alter, in dem sie ihre Mutter öffentlich loben können. Der Mann tut das Gleiche. Auch wenn die familiären Aspekte in dem Text kaum eine Rolle spielen, ist erkennbar, dass sogar die work-life-Balance dieser Frau stimmt.
All das ist bewundernswert. Aber erst durch die letzte Eigenschaft erhält man den Schlüssel zur Einzigartigkeit dieser Managerin: Ihre Überlegenheit gründet in der Gottesfurcht. Das ganze Handeln ist zurück gebunden an ihre Beziehung zu Gott.
Wohlergehen für alle, statt großer Gewinn für wenige
Der Text stellt ein Management vor Augen, bei dem nicht der wirtschaftliche Erfolg alleine zählt. Die vorbildliche Managerin wirtschaftet nicht rücksichtslos in ihre eigenen Taschen, sondern für das Wohlergehen aller, die ihr anvertraut sind. Sie realisiert Nächstenliebe nicht im Rückzug ins Private und ins stille Kämmerlein, sondern gerade die Arbeit ermöglicht ihr die Zuwendung zu den Hilfsbedürftigen. So stellt sich nicht die Frage, ob gläubige Menschen Besitz haben dürfen, sondern nur die Frage, wie sie damit umgehen sollen.
Gottesfurcht ist schöner als Brillianten
Der Ruhm der starken Frau gründet nicht in Schönheit und nicht im äußeren Erfolg, sondern in der Gottesfurcht. So wichtig edle Stoffe, Perlen und Besitz in dem Text sind, so wenig sind sie letztlich entscheidend. Zum Vorbild wird die weise Frau, weil ihr Handeln durch ihre Frömmigkeit geprägt wird. Die religiöse Dimension wird noch deutlicher, wenn man andere Texte des Sprüchebuches berücksichtigt. So wird in V. 10 der Wert der starken Frau mit Edelsteinen verglichen. Mit den gleichen Worten wird an anderer Stelle im Sprüchebuch (Spr 3,13-14) das Finden der Weisheit beschrieben. Das Stichwort „Brot“ (V. 27) spielt auf Spr 9,1-9 an, wo Frau Weisheit zum Mahl lädt. Wer diese Einladung annimmt, dessen Leben kann gelingen. Diese Anspielungen verbinden die starke Frau aus dem Lesungstext mit der präexistenten Frau Weisheit (vgl. Spr 8,22-31). Kraft und Pracht (V. 25) sind in Ps 96,6 und Ps 104,1 die Kleidung Gottes selbst. Stoffe aus Byssus, gefärbt mit Purpur sind für die Ausstattung des Begegnungszeltes vorgeschrieben. Die Begegnung mit der frommen, weisen und starken Frau aus Spr 31 ermöglicht sogar die Begegnung mit Gott.
Kriterien für gläubiges Management
Die Frau verzichtet nicht auf materiellen Besitz und hat sich nicht dem Armutsideal verschrieben. Aus dem Gedicht lässt sich ein Leitfaden für gläubiges Management ableiten. Die Eckdaten für Management nach den Kriterien des Sprüchebuches lauten: Tu deine Arbeit mit aller Energie und nach allen Regeln der Kunst. Sorge für die, die mit dir zusammenarbeiten und unterstütze alle, die deine Hilfe brauchen. Wer in diesem Sinne sein Leben managt, wird Erfolg haben – auch und gerade vor Gott.

Eleonore Reuter

Prof.in Dr. Eleonore Reuter war bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand 2022 Professorin an der Katholischen Hochschule Mainz. Nach dem Studium der Theologie an der Rheinischen Friedrichs-Wilhelms Universität Bonn promovierte sie 1992 und war von 2008 Professorin an der Katholischen Hochschule in Mainz. Seit 1997 / 98 wohnt und lebt sie in Icker.